Dentale Zeitreise

Dentale Zeitreise

Karies-Bakterien besiedeln den Menschen, seit er vor über 100.000 Jahren aus Afrika die Kontinente eroberte. Amerikanische Forscher entschlüsselten den Stammbaum des Karieserregers Streptococcus mutans. Alle heute bekannten Karieserreger haben einen gemeinsamen Vorfahren. 

60 Bakterienstämme untersuchte Page Caufield von der New York University. Sie stammten aus Speichelproben aus China, Japan, Afrika, den USA, Schweden, Australien, Brasilien und Guyana. Durch eine Analyse der genetischen Fingerabdrücke konnten Wissenschaftler die Geschichte der Bakterien exakt nachvollziehen.

Mit den Menschen gewandert 

Der Ursprung des Erregers liegt in Afrika, ähnlich wie die Wiege des modernen Menschen. Die Wissenschaftler folgerten, dass der Hauptteil der Mikroben zusammen mit den Menschen nach Asien wanderte. Eine kleinere Gruppe separierte sich und zog nach Europa. Zukünftig wollen die Wissenschaftler den Stammbaum um die amerikanischen und australischen Zweige ergänzen. Die Entwicklung des Karieserregers belegt die Theorie, dass der Mensch von Afrika aus nach Asien zog, um dann später die Welt zu besiedeln. Streptococcus mutans findet sich bei fast allen Menschen im Mundraum. Er wird meist über den Speichel der Mutter auf das Baby übertragen und siedelt sich auf den Zähnen an.

Zähneputzen seit 3500 Jahren

Erste Erkenntnisse wie die Menschheit Zähne pflegt stammen aus den frühen Hochkulturen. Vor dreieinhalbtausend Jahren war die Reinigung der Zähne im alten Ägypten selbstverständlich. So wurde die morgendliche Reinigung des Mundes mit Natron als „Frühmal“ bezeichnet. Eine andere weitverbreitete Methode war die Zahnreinigung mit faserig gekauten Zweigen. Im Orient wurden die Miswak oder Siwak genannten Zweige verwandt. Aber auch in indischen Texten 600 v. Chr. wird diese Art der Reinigung erwähnt.

Statt der heute bekannten fluoridierten Zahnpasta gebrauchte man eine Mischung aus Honig, Öl, pulverisiertem bengalischem Pfeffer, Zimt, Ingwer und Salz. Jüngere Forschungen verblüffen: Denn einige Methoden weisen Merkmale moderner Zahnpflege auf. So wurde bei zur Zahnpflege benutzten Hölzern in Nigeria ein hoher Fluoridgehalt festgestellt.

Andere Kulturen – andere Techniken

In Griechenland um 300 v. Chr. empfahl Diokles, die Zähne am Morgen mit einem Finger und Minzesaft zu säubern. Auch Pflanzenextrakte und Kauhölzer wurden zu Hilfe genommen.

Großen Wert auf die Zahnpflege legten auch die Azteken. Ihre Reinigungsmittel: Kohle zum Säubern, Salz zum Pflegen und Harn zum Spülen. Die Spülung des Mundes mit Harn war auch in China bekannt.

Bimsstein im alten Rom

Die Mundhygiene unterschied sich von Land zu Land. So brachten Römer ihre Zähne mit pulverisiertem Bimsstein und Marmorstaub zum Glänzen, die Griechen reinigten ihre Zähne mit einem rauen Leintuch und in Mesopotamien mischte man Minze, Alaun und Baumrinde zu einem Zahnputzmittel.

Pinsel als Zahnbürsten

Die Zahnbürste wurde im 15. Jahrhundert in China erfunden. In Form eines Pinsels in Anlehnung an die Zahnhölzchen. Die heute gebräuchliche Form mit Borsten auf einer kleinen Platte ist aber bereits 100 Jahre später in chinesischen Schriften aufgeführt. Zu dieser Zeit pflegten die Europäer ihre Zähne noch mit Bürsten in Pinselform. Erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts setzte sich auch hier die Plattenform als Borstenträger durch.

Vorläufer der Zahnbürste im 18. Jahrhundert

Erst im 18. Jahrhundert wurde in Europa ein Vorläufer der heutigen Zahnbürste entwickelt – hierzu wurden Schweine- oder Pferdeborsten gekocht und schließlich an einen Stiel geklebt. Allerdings waren diese Zahnbürsten nur in den oberen Gesellschaftsschichten bezahlbar. Ab Ende des 18. Jahrhunderts gab es auch erste Meldungen über künstliche Porzellangebisse, aber erst im 19. Jahrhundert konnte man mit Kautschuk auch funktionierenden Zahnersatz für die breite Masse herstellen.

Zahnpflege reine Frauensache

Bis zum 19. Jahrhundert war Zahnpflege reine Frauensache. Männer, die sich die Zähne putzten, wurden als dekadent bezeichnet. Erst dann begann die Zahnpflege allmählich, für alle ein fester Bestandteil der Körperpflege zu werden.

Zähneputzen in der Moderne

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es möglich, Zahnbürsten mit Kunststoffborsten und Zahnpasta herzustellen. Die maschinelle Fertigung machte die Produkte billiger und für mehr Menschen erschwinglich. Die Kariesverbreitung konnte deutlich eingedämmt werden.

Um Zähne zu reparieren oder zu ersetzen wurde mit Materialien wie Gold, Silber, Platin, Kautschuk und Keramik experimentiert. Schließlich wurde 1940 Titan als mögliche Alternative für gewisse Formen des Zahnersatzes entdeckt. Weiterentwicklungen in der Zahnmedizin gab es Ende des 20. Jahrhundert als neue Betäubungsmittel, die Bohrmaschine und Röntgenstrahlen eingesetzt werden konnten. 

Zähne werden seit 9000 Jahren ersetzt

Bereits in frühester Zeit gab es Versuche, ausgefallene oder gezogene Zähne zu ersetzen. Materialien dafür waren beispielsweise Elfenbein, Holz und Zähne von Tieren oder Verstorbenen. Diese wurden mit Drähten an den gesunden Zähnen befestigt – sie konnten die Kaufunktion allerdings nicht ersetzen. Davon abgesehen lösten diese künstlichen Zähne, die bereits zu Zeiten der Etrusker bekannt waren, oft schmerzhafte Entzündungen aus.

Im pakistanischen Balutschistan fanden Archäologen Schädel von Menschen aus dem Neolithikum (vor 7500 bis 9000 Jahren), deren Zähne eindeutige Spuren von Bohrungen aufwiesen. Dies ist somit der älteste Hinweis auf zahnmedizinische Behandlungen.

Zahnersatz im Altertum

Schon im Altertum hat man versucht, verloren gegangene Zähne zu ersetzen. Hier war es besonders wichtig, weiterhin eine gute Verwertung der Nahrung zu erreichen. Voraussetzung für dieses Ziel war damals wie heute die Möglichkeit, Nahrung ausreichend zerkauen zu können. So kannten bereits ca. 600 v. Chr. die Etrusker und Ägypter einen einfachen Zahnersatz – allerdings ohne Wurzel: Fremde und eigene Zähne wurden mit einem Goldband verbunden.

Mayas und Inkas 

Mayas und Inkas ersetzten Zähne durch Edelsteine, die sie sofort nach der Zahnentfernung in das leere Zahnfach trieben. Die Mayas betrieben um 600 v. Chr. keine wirklich wiederherstellende oder korrigierende Zahnmedizin. 

Vielmehr dienten ihre Zahnverzierungen kultischen Zwecken und war Schmuck und Zahnersatz zugleich.

So wurden geschnitzte Steininlays aus unterschiedlichen Materialien wie Jade, Türkis und Eisenpyrite in sorgfältig präparierte Aushöhlungen der Zähne eingebracht und blieben dort mehrere tausend Jahre erhalten.

Gleichermaßen existieren Beweise, dass die Mayas auch anorganische Substanzen bei lebenden Menschen implantierten. Aus dieser Zeit stammt der Fund eines Unterkieferfragmentes, das drei zahnförmige Muschelstücke im Bereich der Schneidezähne enthält. Amadeo Bobbio wies im Jahre 1970 über Röntgenaufnahmen nach, dass diese Muschelstücke, im Gegensatz zu der zuvor kursierenden These, vor dem Tod eingesetzt worden sein mussten. Um zwei Implantate waren feste Knochenstrukturen nachweisbar. 

Frühe Zahntechnik der Etrusker

Ob der junge Bruno jemals eine Prüfung vor einer etruskischen Innung abgelegt hat, wissen nur die Götter. Aber in der Po-Ebene gelangte der junger Etrusker, um 900 v.Chr. aufgrund seines handwerklichen Geschicks schnell zu einer gewissen Berühmtheit. Heute erinnern nur noch archäologische Funde an die ersten Zeugnisse kunstvollen Zahnersatzes aus Knochen und Golddraht.

Tierknochen aus Arabien

Im 8. Jahrhundert brachten die Araber geschnitzte Zähne aus Tierknochen nach Europa, die in eine Zahnlücke eingepflanzt und mit Silberdraht oder Rosshaar an den natürlichen Zähnen befestigt wurden. 

Mittelalter

Im 9. Jahrhundert gab es in der arabischen Medizin bereits erste Schritte von Zahnbehandlungen, wie beispielsweise die Kauterisation des Zahnnervs mit heißem Öl oder glühenden Nadeln. Im Mittelalter wurden hierfür in Europa heiße Eisenhäkchen verwendet. Dadurch wurde der Nerv des gezogenen Zahns abgetötet – dies setzte immerhin dem Zahnschmerz ein Ende, auch wenn das Loch weiterhin vorhanden war. Als Verursacher für die schwarzen Löcher in den Zähnen wurde lange ein Zahnwurm angenommen. Dieser und die Schmerzen sollten durch die Inhalation von verbrannten Bilsenkrautsamen, die halluzinogen und betäubend wirken, vertrieben werden.

Jeder darf Zähne ziehen

Im Mittelalter gab es noch keine richtigen Zahnärzte – es fühlten sich aber viele befugt, Zahnschmerzen zu behandeln: von dem Barbier, dem Gliedereinrenker, dem Apotheker über den Hufschmied bis hin zu den „weisen alten Frauen“.

18. Jahrhundert 

Vom Zahnersatz der Etrusker sollte es noch rund 2.800 Jahre dauern, bis sich das zahntechnische Handwerk als ordentlicher Beruf etablieren konnte. Grundlage dafür waren Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert in Bezug auf Material und Fertigung. 

Im 18. Jahrhundert wurden erstmals ganze Zähne inklusive Wurzel aus Materialien wie Gold, Silber, Platin oder Porzellan hergestellt. Doch all diese Versuche konnten einen natürlichen Zahn nicht wirklich ersetzen, da es trotz aller Bemühungen eine recht wackelige Angelegenheit blieb.

Porzellan, Gips und Wachs

Der Apotheker und Alchemist Friedrich Böttger suchte ursprünglich nach einem Weg, Gold herzustellen. Doch letztlich notierte er im Januar 1708: „Optimal weiß und durchscheinend“. Böttger hatte das chinesische Geheimnis der Porzellanherstellung gelüftet.

Der königlich-preußische Hofzahnarzt Philipp Pfaff veröffentlichte 1756 das erste Lehrbuch der Zahnheilkunde. Er beschrieb darin, wie er Wachsabdrücke von Kiefern angefertigt hatte, um sie mit Gips auszugießen und Zahnersatz herzustellen. Pfaff erwähnte auch als Erster, dass die Anfertigung des Zahnersatzes durch einen Künstler zu erfolgen hat. Damit kam erstmals der Zahntechniker ins Spiel.

1808 entwickelte Giuseppangelo Fonzi in Italien Porzellanzähne in 20 Farben. Doch alle einzelnen Fortschritte bei der Herstellung und Befestigung von Zahnersatz sagen noch nicht viel darüber aus, wer damals den Zahnersatz anfertigte. Dazu muss man einen Blick auf den 6. August im Jahr 1847 in Preußen werfen.

Preußenkönig in zahnärztlicher Behandlung

„Die Zeit, in der wir leben, verlangt Licht und Aufklärung“, beginnt Friedrich Wilhelm IV. seine Ansprache vor den versammelten Ministern. Versonnen blickt der Preußenkönig durch den Saal im Schloss Sanssouci und denkt an die zahnärztliche Behandlung, der er sich kurz zuvor durch den „Hof- und practischen Zahnarzt“ Johann Friedrich Wilhelm Hesse (1782–1832) unterziehen musste. Dann fährt er fort: „Daher verbieten wir Goldarbeitern und gewöhnlichen Gewerbetreibenden alle zahnärztlichen Operationen und das Einsetzen künstlicher Zähne.“ Wenige Tage später verbreitet der Minister für geistliche Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten in Preußen das Verbot der sogenannten Kurierfreiheit. Doch der Versuch, medizinische Behandlungen nur von bestimmten Berufen ausüben zu lassen, währte nur 22 Jahre. Zwischen 1869 und 1872 wurde es Goldarbeitern und Gewerbetreibenden im gesamten Deutschen Reich wieder gestattet, unabhängig von ihrer Ausbildung medizinisch tätig zu sein. Das blieb nicht ohne Folgen. Aus einer wilden Mischung von Chirurgen, Wundärzten, Badern, Barbieren, Goldschmieden, Instrumentenmachern und Feinmechanikern entwickelten sich im Lauf des 19. Jahrhunderts die „Verfertiger künstlicher Zähne und Gebisse“, die 1880 einen Verein deutscher Zahnkünstler gründeten. Der Berliner Verein schließlich wandelte sich 1884 zur ersten deutschen Innung des Zahntechniker-Stands. Diese Entwicklung mündete in neue Betriebe. So wird 1909 ein neuer Typ des Praxisbetriebes erwähnt, die sogenannten „zahntechnischen Laboratorien“.

  • Im 14. Jahrhundert definierte Guy de Chauliac (1300–1368) erste recht seltsam anmutende Füllungsstoffe für kranke Zähne, wie zum Beispiel Gallapfelpulver oder Mastixharz. 
  • 1710 stellt Friederich Böttger Porzellan aus Kaolin her. 1728 veröffentlicht Pierre Fauchard ein erstes zahnmedizinisches Fachbuch. 
  • 1756 fertigt Philipp Pfaff erstmals Abdrücke mit Wachs und Gipsmodelle an. 
  • 1808 entwickelt Giuseppangelo Fonzi Porzellanzähne in 20 Farben. 
  • 1836 verbessern Petterson und Clark die Stiftverankerung. 
  • 1880 wird aus gelötetem Goldblech mit einer Porzellan- oder Kunststoffummantelung die Richmondkrone angefertigt, die mit einer Schraube in die Zahnwurzel eingebracht wird. 
  • 1907 wird von Taggert (New York) zum ersten Mal ein Hohlguss eingesetzt. 
  • 1916 meldet Charles Land das Patent für die Jacketkrone – die erste Vollkeramikkrone – an. 
  • Um 1930 werden aus Kunststoff erste Kunststoff-Veneers gefertigt.

Zähne ziehen mit viel Alkohol 

Leicht torkelnd wankt der „Patient“ in den Salon. Minuten später stöhnt er laut auf. Salonbesitzer Anton Heinemann hat ihm mit einem kräftigen Ruck den eiternden Zahn gezogen. Während Heinemann die große Zange im warmen Seifenwasser säubert, belohnt sich der betrunkene Kunde mit einer ordentlichen Zigarre.

Heinemann ist eigentlich Friseur, doch 1906 gibt es in Bad Lippspringe noch keinen Zahnarzt. Also behandelt Heinemann nicht nur Hühneraugen und massiert seine Kunden. Er zieht auch Zähne. Letzteres geschieht natürlich ohne Betäubung. Wie gut, dass sich seine „Patienten“ im „Westfalenhof“ gegenüber des Herrensalons mit Wacholder versorgen können. Der klare Schnaps benebelt die Sinne und vielleicht betäubt er auch die frische Wunde.

Fortschritt im 19. Jahrhundert

Dabei hätte der unbekannte Patient in anderen Städten schon etwas fortschrittlicher behandelt werden können. Nachdem im 18. Jahrhundert die Zahl der reisenden Zahnärzte abnahm, übernahmen Wundärzte deren Aufgabe und besuchten ihre Patienten. Doch das 19. Jahrhundert sollte in Europa und den USA noch einen gewaltigen Schub für die Zahnmedizin mit sich bringen. 1822 meldete der New Yorker Dentist Charles M. Graham das erste US-Patent für die Verbesserung in der Konstruktion künstlicher Zähne an. 1834 plädierte der Wiener Zahnarzt Gall dafür, Zahnoperationen beim Arzt durchzuführen, da dort die notwendigen Instrumente zur Verfügung stünden. Zudem formierten sich im 19. Jahrhundert weltweit zahnärztliche Schulen – 1840 in Baltimore, 1855 in Berlin, 1859 in London und 1879 in Paris die Ècole Dentaire.

Gleichzeitig wurden auch Instrumente entwickelt, die eine feinere Behandlung ermöglichten. So präsentierte James Beall Morrison 1871 einen Tretbohrer, mit dem Zähne schneller und schmerzloser von Karies befreit werden konnten. Um die Jahrhundertwende standen Zahnarztstühle zur Verfügung, die heutigen Exemplaren sehr nahe kommen.

Schub durch Kautschuk

Neben der Entwicklung von Instrumenten sorgte die Vorstellung von Kautschuk durch Charles Goodyear 1851 auf der Weltausstellung in London für Aufsehen. Schon 1855 steht es als Material für Prothesen zur Verfügung. Die Zahl der Goldschmiede, Instrumentenmacher und Mechaniker, die nun Prothesen herstellten und zugleich prothetische oder gar chirurgische Behandlungen durchführten stieg schlagartig an. Kautschuk war preiswert. Hatten sich bis dahin nur Wohlhabende künstliche Zähne aus Elfenbein oder Walrosszahn leisten können, ließ Kautschuk die Nachfrage aus anderen Schichten der Bevölkerung ansteigen.

Doch von alldem war in Bad Lippspringe noch nichts angekommen, obwohl in dem Ort seit 1832 ein Kur- und Badebetrieb aufgenommen wurde. Hier – wie in vielen anderen Gemeinden und Kreisen Deutschlands – tummelten sich noch bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts viele Heiler und Künstler, die ohne eine staatliche Ausbildung und Prüfung behandelten, Zähne zogen, Zahnersatz fertigten und einsetzten.

Neue Berufe nach dem Ersten Weltkrieg

Ein weiterer Schub entsteht nach dem Ersten Weltkrieg, als innerhalb von 20 Jahren aus dem beruflichen Trio Zahnarzt, Dentist, Zahntechniker ein Duo wird. Dabei spielt die Konkurrenz der „zahnärztlichen“ Berufsgruppen eine wichtige Rolle. Während die Dentisten ab 1910 ihre Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen dürfen, führen die Zahnärzte 1909 eine Studienordnung ein. Fast zeitgleich grenzen sich die zahnärztlichen Berufsorganisationen von der Konkurrenz ab. Zahnärzte dürfen Prothesen nicht selber herstellen und auch nicht von Dentisten anfertigen lassen. 

Das kurze Leben der Dentisten

Ein Grund für die Entstehung des Berufsbildes des Dentisten ist, dass Zahnärzten lange die Aufnahme einer Tätigkeit an der Universität verwehrt blieb. So geschehen an der Universität Kiel, wo erst nach mehr als 100 Jahren –1771 – die Erlaubnis erteilt wurde, die Zahnkunst auszuüben. Bis sich der erste Student für das Fach Zahnheilkunde in Kiel einschrieb, vergingen weitere Jahrzehnte. Erst 1865 begann Carl-Wilhelm Fricke sein Studium. Das geringe Ansehen der Zahnheilkunde an den deutschen Universitäten sorgte bis ins 20. Jahrhundert für recht wenig praktizierende Zahnmediziner.

Außerhalb der Universität

So etablierten junge Zahnärzte private Ausbildungsinstitute außerhalb der Universitäten. Aus den Zahnkünstlern oder Gebissarbeitern entstand fast zeitgleich der Beruf des Dentisten. Dentisten waren bekannt für ihr handwerkliches Können und ihre praktische Ausbildung. Da der Titel „Zahnarzt“ weiter geschützt blieb, aber an den Universitäten eher stiefmütterlich behandelt wurde, verwundert es nicht, dass es 1919 fast doppelt so viele Dentisten wie Zahnärzte gab. Und das war auch gut so. Aufgrund des Mangels an studierten Zahnärzten war die Versorgung durch Dentisten gerade in ländlichen Gegenden oder in den ärmeren Schichten der Bevölkerung notwendig.

Auch Zahntechniker verdrängen Dentisten

Das fast gleichzeitige Aufkommen des Berufsbildes des Zahntechnikers, brachte den Dentisten in eine ambivalente Situation. Je mehr sich das dentistische Berufsbild verfestigte, desto deutlicher kristallisierten sich zwei klar voneinander getrennte Zweige – Zahnmedizin und Zahntechnik – heraus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewann die Wissenschaft in der Medizin und Zahnmedizin an Bedeutung. Zwar wurde 1920 die dentistische Ausbildung staatlich anerkannt, doch zeitgleich wuchs die Anerkennung der Zahnärzte in der Bevölkerung. Die Zahnheilkunde erfordert immer tiefere Kenntnisse in allgemeinmedizinischen Zusammenhängen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es ausschließlich studierten Zahnmedizinern gestattet, Patienten zahnmedizinisch zu versorgen. 1949 schaffte die sowjetische Besatzungszone die Ausbildung zum Dentisten ab. 1952 folgte die Bundesrepublik Deutschland. Der Beruf des Dentisten hatte nach nur drei Jahrzehnten das Zeitliche gesegnet.

Der Dentist, ein Beruf der just dabei war, sich zwischen zahntechnischem Handwerk und der Zahnheilkunde zu etablieren, gerät zwischen die Stühle. Zahnärzte werden nun vermehrt ausgebildet und sichern den wachsenden Bedarf. Zahntechniker fokussieren sich auf die Fertigung von Zahnersatz. 1930 schließlich wird das zahntechnische Handwerk durch den gemeinsamen Beschluss des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages ein allgemein anerkanntes „selbstständiges Gewerbe, das sich nicht mit Heilbehandlung befasst“.